Kaum hatte er die Prüfung hinter sich gebracht, kam der 1. Weltkrieg und Max wurde, wie auch seine Brüder Rudolf und Heinrich, eingezogen. 1915 wurde er Soldat im
9.böhm.-österreichischen Schützenregiment in Leitmeritz und erlebte das Kriegsende und die Bildung der Tschechoslowakei aus Österreich-Ungarn heraus an der Front in Italien. Im Krieg
verlor er nun auch noch beide Brüder, die schon anfangs des Krieges in der Ukraine fielen und in Polen begraben liegen.
Damals stand er zum ersten Mal vor dem privaten und beruflichen Nichts.Er selbst ging dann nach seiner Rückkehr nach Prag, wo er sich an der Deutschen Universität Vorlesungen der
juristischen Fakultät anhörte. Max musste aber, aufgrund der wirtschaftlichen Lage in der Tschechoslowakei, sein Studium ohne Abschluss beenden. Hilfsarbeiten in verschiedenen
Berufen, auch bei der Post, später als Gemeindesekretär, überbrückten leidlich die Zeit; bis es ihm möglich war, den Maturakurs (Abitur-) der Wirtschaftsoberschule in Aussig an der
Handelsakademie abzuschließen. Er hätte sich "Betriebswirt" nennen können, wenn er am kaufmännischen Beruf überhaupt Freude gefunden hätte. So ging er auf die Lehrerbildungsanstalt in
Komotau, um, wie in dieser Zeit der Tschechoslowakei üblich, anschließend als Deutscher wieder stellenlos zu sein. Später kamen dann Stellen in Sodau/Karlsbad, Espenthor und
schließlich an den Bürgerschulen (Realschulen) in Karlsbad selbst, Marienbad und Schlackenwerth bei Joachimsthal. Dort blieb er 16 Jahre und hatte mittlerweile noch verschiedene
Fachprüfungen ablegen können.
Als ca. 30 jähriger beginnt Max Tandler mit dem Dichten in der Mundart von Zinnwald im Erzgebirge. 1933 erschien im Selbstverlag in Schlackenwerth sein erster Band "Aus dem
Erzgebirge", dem 1936 in Reichenberg ein weiterer Gedichtband "Mei Gebarche, du" folgte. "Bargwind" erschien 1937 im Dresdner Bastei-Verlag. Das Kriegsende verschonte aber auch ihn
nicht und hinterließ tiefe Spuren in seiner Seele und schädigte seine Gesundheit nachhaltig. Die Vertreibung aus der Heimat durch die Tschechen erlebte er 1946 am eigenen Leib. 15
lange Monate wurde er im Lager Neurohlau b. Karlsbad interniert und durch die Tschechen schwer misshandelt, so musste er u. a. sein eigenes Grab schaufeln, in das dann andere gelegt
wurden. In dieser Zeit hat es Max Tandler verlernt, vor dem Tode Angst zu haben, mit dem er damals täglich konfrontiert wurde. Er hatte mit seinem Leben abgeschlossen und fürchtete
sich "nur" davor, erschlagen zu werden. Nach 15 Monaten übelster Haft wurde Max Tandler durch den Einsatz einer früheren Schülerin ? es war Frau Gertrud Wendt aus Schlackenwerth ?
unvermittelt entlassen und ausgewiesen, nachdem bei Gericht nicht das geringste gegen ihn vorlag.
Und so kam er 1946 über Schwabach nach Forchheim in Mittelfranken. Hier begann er als Lampenschirmmaler, erst im Betrieb, dann als Heimarbeiter und dann arbeitlos mit 5,70 Mark in der
Woche schlug er sich durchs Leben und die nicht einfache Zeit des Neubeginns fern der unerreichbar gewordenen alten Heimat. Er lebte zurückgezogen und bescheiden in seiner kleinen
spartanischen Wohnung in der Sattlertorstraße 2 im katholischen Pfarrhaus St.Martin.
1953 erschien im Kammwegverlag der vierte Gedichtband "Erzgebirgsweisen", dann die weiteren schmalen Bände alle im Verlag Schöffl, Forchheim, "Spruchweisheit auf erzgebirgisch", "Die
Mutter an der Wiege" und der "Spruchkalender". 1965 erschien im Aufstiegs-Verlag München die Schallplatte "Freit eich, ihr Leit", besprochen von Max Tandler. Auch in einem Lesebuch,
das eine Auflage von 480 000 erreichte, findet man Schriften von und über Max Tandler.
Interessant ist, dass seine Werke noch lange in der alten Heimat verlegt wurden. Die Tschechen wollten damit auf die Heimatverbundenheit der Menschen eingehen, um Ihnen Sand in die
Augen zu streuen, erklärte er später.
Sein Heim gleicht im Laufe der Jahre dann einem kleinem Museum mit erzgebirgischer Volkskunst, altem böhmischen Glas und Porzellan, alten Handwerksgegenständen, Zeichnungen, Stichen,
Bildern, Büchern und vielen schönen Mineralien aus seiner erzgebirgischen Heimat und erfährt viele Besucher. Zum Verständnis Max Tandlers gehört seinen Versen aber auch seine Liebe
zur Volkskunst - er selbst beherrscht eine schlichte Ziermalerei, die viele Freunde gefunden hatte ? und die ihm zum Sammler alter Stiche, Hinterglasbilder, Gläser und vor allem
Kristallen werden ließ.
In der "Literarischen Runde" der Volkshochschule, der - Eghalanda Gmoi - und in der Ackermanngemeinde fand er hier in Franken wieder eine neue geistige Heimat. Viele seiner Gedichte
wurden vertont und es war vor allem die "Helmut-Stapff-Gruppe", die seine Lieder und Gedichte weit im Land verbreitete. In Forchheim erfuhr Max Tandler viele Ehrungen und Würdigungen
seines Schaffens, er erhält u.a. die Adalbert-Stifter-Medaille, das Goldene Ehrenzeichen der Sudetendeutschen Landsmannschaft und als Ehrenvetter der - Eghalanda Gmoi - deren
Ehrenzeichen.
Max Tandler ist am 17. Juni 1982 im Alter von 87 Jahren nach kurzem Krankenlager ruhig entschlafen. Wenige Tage vor seinem Ableben besuchte ihn noch ein ehemaliger Schüler, heute Chef
eines weltweiten Industrieunternehmens, um seinem ehemaligen Lehrer für die Wegweisung ins Leben zu danken.
Max Tandler weilt nicht mehr unter uns. Was uns bleibt, ist die dankbare Erinnerung an einen in seiner Bescheidenheit wahrhaft großen Erzieher zur Schätzung unserer Heimat und ihrer
Werte. Max Tandler bleibt nicht nur in Zinnwald und Forchheim unvergessen ?
Der Arbeitskreis Böhmisch-Zinnwald, Herausgeber des Heimatbuches "Böhmisch-Zinnwald", veröffentlichte vor einigen Jahren im Eigenverlag Max Tandlers gesammelte Werke in einem großen
Gedichtband "Besinnliches aus dem Erzgebirge" nebst Nachlassgedichten. Somit fand auch Max Tandler wieder heim nach Zinnwald ins Erzgebirge